Hallo, mein Name ist Hagen Petersen und ich bin neunzehn Jahre
alt.
Letztes Jahr im August bin ich zusammen mit meinem besten
Freund Fiete Quaschner für vier Monate nach Australien gezogen, um
dort segeln zu gehen.
Nach den vielen Lockdowns und dem
Abschluss des Abiturs im Juli 2022 stand für uns beide fest, dass
wir jetzt los wollten, um die Welt zu entdecken.
Am 26. August
machten wir uns also auf den Weg nach Frankfurt, um dort in den
Flieger zu steigen.
Nach über 35 Stunden Flug mit Zwischenstopp
in Neu Delhi hatten wir dann endlich unser Ziel erreicht und standen
völlig übermüdet und aufgeregt vor dem weltberühmten Opernhaus
mitten im riesigen Hafen von Sydney.
Die ersten zwei Wochen
waren, wie sich schnell herausstellte, viel anstrengender als
erwartet und ließen wenig Zeit, um zu entspannen und wirklich
wahrzunehmen, was wir dort eigentlich taten.
Nachdem wir dann
endlich eine Wohnung und einen Job gefunden hatten und sich das
letzte bisschen Heimweh verzogen hatte, konnten wir richtig
eintauchen.
Schnell knüpften wir Kontakte in einigen der
unzähligen Segelvereinen in Sydneys riesigem Hafen.
Jedes
Wochenende konnten wir jetzt bei 28 Grad und Sonnenschein auf dem
Wasser verbringen, während in Deutschland langsam der Winter
einbrach.
Als „The two Germans“ gingen wir von Boot zu Boot
und knüpften so unzählige wertvolle Kontakte.
Die Segelszene
von Sydney hatte uns völlig in ihren Bann gezogen und wir genossen
das hohe Level an Wissen und Erfahrung der anderen Segler sehr und
konnten viel lernen.
Nebenbei hatten wir beide Arbeit in einer
der größten Yachtwerft Australiens gefunden und waren dort als
Rigger auf verschiedenen Regattayachten tätig.
Je näher die
Weihnachtszeit rückte, desto wärmer wurde es.
Den ersten
Advent bei 35 Grad am Strand zu verbringen, fühlte sich ein bisschen
verkehrt an, aber die Stimmung war gut und wir waren voll damit
beschäftigt, unseren größten Traum vom Rolex Sydney Hobart Yacht
Race wahr werden zu lassen.
Dann endlich, nach unzähligen
Emails, Telefonaten und vor allem Stunden auf dem Wasser hatten wir
ein Boot gefunden.
Eine der dreizehn in Sydney ansässigen TP52
brauchte noch zwei Jungs fürs Vorschiff.
Ein perfekter
Treffer!
Als es dann nach vielen Trainings, Segeltests und vor
allem Arbeitsstunden so weit war und das Weihnachtsfest zu Ende ging,
stand das größte Rennen unserer Segelkarriere direkt vor der
Tür.
Am 26. Dezember war ging es los! Vor lauter Lärm von den
Zuschauerbooten und Helikoptern konnte man an der Startlinie sein
eigenes Wort nicht mehr verstehen, aber nach einer kurzen Kreuz
hatten wir den Hafen schnell verlassen und rauschten mit 25 Knoten
Bootsspeed an der australischen Westküsten entlang in Richtung
Tasmanien
Mit einem Sturmtief, das Wind bis zu 35 Knoten aus
Nord brachte, donnerten wir zusammen mit den anderen 110 Yachten nach
Süden und konnten knapp 650 Meilen inklusive Ruderschaden und
geplatzten Spinnakern in ca. 40 Stunden hinter uns bringen, bevor der
Wind, wie vorhergesagt, um 180 Grad drehte und jetzt noch stärker
aus der Antarktis blies.
Bei über fünfzig Knoten Wind und bis
zu neun Meter Welle kämpften wir uns für weitere zehn Stunden und
60 Meilen an den ikonischen „Orgelpfeifen“ vor Tasman Island und
der berüchtigten Storm Bay vorbei, bevor wir zum Sonnenaufgang am
29. Dezember die Ziellinie im Derwent River überquerten.
Die
schroffe und völlig unbewohnte Küste Tasmaniens hatte genauso wie
die klirrende Kälte, der Schlafentzug und die schiere Gewalt des
Pazifiks ihre Spuren hinterlassen, weshalb wir direkt nach dem
Anlegen völlig erschöpft in unsere Betten fielen und fast 20
Stunden Schlaf nachholten.
Die nächsten Tage verbrachten wir
zusammen mit unseren Freunden, die es nach und nach nach Hobart
geschafft hatten, im Racevillage und genossen gemeinsam die Stimmung.
Nachdem das neue Jahr angebrochen war und die meisten schon
wieder im Flugzeug auf dem Weg nach Hause saßen, begannen wir unsere
Reise zurück nach Sydney als Wachführer auf der siebzig Fuß
Rennyacht „Moneypenny“.
Auch diese Etappe ließ sich nicht
lange bitten und schickte uns innerhalb von zwei Tagen mit
dauerhaftem Rückenwind von über dreißig Knoten und ebenso hohem
Bootspeed wieder zurück nach Sydney.
Damit ging eines der
größten Abenteuer, die ich je erlebt habe zu Ende und wir machten
uns nach einer Woche auf den Weg zurück nach Europa.
Inzwischen
arbeite ich als Shore Crew für das britische „Gladiator Sailing
Team“, welches drei TP52 im Mittelmeer, England und den Vereinigten
Staaten professionell segelt.